Ausgehend vom Priestertum aller Getauften des Reformators Martin Luther fragte Michael Bammessel in seinem Vortrag, wie weit das „Diakonat aller Getauften“ verwirklicht sei. „Vermitteln wir eine Diakonie zum Selbermachen oder haben wir durch professionelle Standards neue Mauern aufgerichtet?“ fragte der Präsident des Diakonischen Werkes Bayern und schloss mit einem Plädoyer für „Plattformen für eigenverantwortetes diakonisches Engagement sozial aktiver Christinnen und Christen“.
Die Bildungsziele Martin Luthers und der reformatorischen Bewegung erläuterte Detlev Bierbaum, Oberkirchenrat der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Dabei hob er insbesondere die reformatorischen Impulse Philipp Melanchthons, des „Lehrmeister Deutschlands“, hervor. „Wo bleibt die Mündigkeit des einzelnen?“ habe Melanchton gefragt: „Eine eigenständige, verantwortete Position beziehen, das steht gegen populistische Parolen.“ Letztendlich gehe es darum, gesellschaftliche Verantwortung übernehmen zu können.
Zu Reformation und diakonischem Handeln aus historischer Sicht sprach der Augsburger Historiker Prof. Rolf Kießling. Augsburg sei exemplarisch für die „Diakonie vor der Diakonie“, betonte der ehemalige Lehrstuhlinhaber für Bayerische und Schwäbische Landesgeschichte an der Universität Augsburg. Die Armenordnung von 1522 stehe „im Schnittpunkt von spätmittelalterlicher Caritas und reformatorischem Ansatz“. Die Entwicklung der Almosenkasse sei in der Frühneuzeit wieder aufgenommen worden: „Die Wiedereingliederung in die Gesellschaft bestimmte Zielvorstellungen und Praxis“.
Ein reformatorischer Rundgang durch Augsburg mit Stadtdekanin Susanne Kasch und ein Abendmahlsgottesdienst in der Mutterhauskirche der Evangelischen Diakonissenanstalt Augsburg unter der Leitung von Rektor Heinrich Götz ergänzten die Konferenz. Die kommende Tagung ist vorgesehen für den 31. Januar bis 2. Februar 2018 in Guben.